Dieser Artikel ist Teil der Serie Systemtheorie (frei) nach Luhmann und ist im Rahmen des Seminars "Systematische Organisationsberatung" beim Artop Institut entstanden. Es ist eher eine Mitschrift der Seminarinhalte als eine gründliche Abhandlung über Systemtheorie.
Im zweiten Teil haben wir die Theorie beleuchtet. In diesem Teil geht es um die Implikationen und die praktische Anwendung von Systemtheorie für Führungskräfte und Berater*innen. Diese praktische Anwendung nennen wir systemische Organisationsentwicklung. Los geht's.
Betrachten wir ein ganz normales Team in einem ganz normalen Unternehmen.
Unser Team eignet sich im Laufe der Zeit Verhaltensmuster an. Manche sind hilfreich, andere nicht so sehr.
Im letzten Kapitel haben wir aber folgendes gelernt ...
Der Versuch alte Verhaltensmuster einfach zu verdrängen klappt oft nicht. Ist das der Fall sollte man sich die Zeit nehmen und die Muster erst einmal genauer anzuschauen. Ziel ist es das System zu verstehen, dass das Muster hervorgebracht hat.
Wir haben ja bereits gelernt, dass Verhaltensmuster eine Licht und Schattenseite haben. Es gibt immer einen Zweck, den die Muster erfüllen (oder einmal erfüllt haben) und einen Preis, den sie dafür fordern. Sehen wir uns ein paar Beispiele an.
Wir lernen: Alle Verhaltensmuster, die wir in Teams beobachten können, haben zwei Seiten. Einerseits einen Zweck, den sie erfüllen und andererseite einen Preis, den das Team dafür zahlt.
Um ein Verhaltensmuster nachhaltig zu verändern sollte man es gründlich durchleuchten und das System verstehen, das es hervorgebracht hat. Der sogenannte "Systemische Dreischritt" hilft uns dabei.
Merke: Oft ist die schärfere Wahrnehmung des „Problems“ der wichtigste Teil der Lösungsfindung.
Merke auch: In nicht wenigen Fällen ist die Problemformulierung Teil des Problems.
Meetingzeit akkumuliert sich schnell: Sitzen 8 Personen für eine Stunde im Meeting, sind das 8 Stunden, die investiert werden – ein ganzer Arbeitstag. Meeting-Regeln sollen helfen, aus dieser Zeit das Beste zu machen. Das ist produktiv für das Unternehmen und gut für jeden einzelnen.
8 Personen x 1 Stunde = 1 Arbeitstag Da macht es Sinn die Regeln der Zusammenarbeit genauer zu betrachten
Wenn es ums Thema Meetings geht, bekommt man häufig ein Schulterzucken. „Meetings bringen nichts. Das kann man nicht ändern“. Das hören wir oft. Unsere Erfahrung zeigt: Das Gegenteil ist der Fall. Teams und Unternehmen, die sich die Zeit nehmen ihre Meetingkultur aktiv zu gestalten merken es meist schnell: Meetings können sehr produktiv sein und ein Ort werden, zu dem alle gerne gehen.
Es ist wichtig eine Agenda zu haben, die dem Besprechungsablauf Struktur gibt. So weiß jeder, wie der inhaltliche Fortschritt ist und wann sein Thema (endlich) dran kommt. Was aber sehr oft passiert, ist, dass das eine Thema ein weiteres Thema aufwirft und sich einige Teilnehmer sofort auf das neue Thema stürzen. Das Problem ist, dass dadurch oft nach zum Ende des Meetings nicht mehr genug Zeit für die letzten Themen auf der Agenda ist.
Wie man eine Agenda schön gestaltet lest ihr bei unseren Kollegen von Komfortzonen oder schau dir dazu unseren Artikel „Wie man im Meeting bei der Agenda bleibt“ an.
Am Anfang des Meetings erstellt man die Agenda und berechnet wie viel Zeit man für jeden Agendapunkt hat. Wenn man sich für ein Thema 20 Minuten einplant, dann muss man mit dem Ergebnis, das nach 20 Minuten besteht, weiter arbeiten. Klar kommen vielleicht noch bessere Ideen, wenn man weitere 20 Minuten darüber redet. Aber so ist es eben im Leben: Man muss das Beste aus der Zeit machen die man hat und manchmal mit Kompromissen leben.
Die allerwichtigste Grundregel für alle Meetings: Eine(r) schreibt mit. Am wichtigsten ist natürlich das Protokoll für die Ergebnisse. Wenn Entscheidungen oder ToDos nicht aufgeschrieben werden, dann kommt es in vielen Fällen später zu Meinungsverschiedenheiten, wer, was, wann entschieden hat oder wer eigentlich was machen sollte.
Aber die Ergebnisse sind nicht alles. Auch Diskussionspunkte sollte man mitschreiben, gerade bei Entscheidungen. Wenn man nur das Ergebnis der Entscheidung aufschreibt, aber nicht die Argument, die dahinter standen, dann wird die Entscheidung im Nachgang hinterfragt: „Warum haben wir das noch gleich so entschieden? Macht doch gar keinen Sinn!“. Und dann beginnt die gleiche Diskussion, wie beim letzten Meeting wieder von vorne.
In den meisten Meetings sitzen Leute zusammen, die einen sehr unterschiedlichen Hintergrund haben. Für den oder die einen ist das Thema glasklar und super easy, für andere ein Buch mit sieben Siegeln. Wir haben folgende Erfahrung gemacht: Wenn es einer nicht versteht und anspricht, sind viele andere erleichtert, weil sie es eigentlich auch nicht verstanden haben. Deswegen darf jeder zu jederzeit bremsen und um eine Zusammenfassung bitten.
Besonders in der Pflicht ist hier übrigens der oder die Schriftführer*in: Können die wichtigen Punkte einer Diskussion nicht mehr aufgeschrieben werden, sind wahrscheinlich Leute im Raum, die auch inhaltlich nicht mehr mitkommen. Kombiniert mit Regel Nummer 3 macht es also doppelt Sinn. Die Diskussion sollte auf ein Maß gebremst werden, dass die wichtigsten inhaltlichen Punkte aufgeschrieben und damit für alle verständlich sind.
Wenn das Meeting schnell voran geht und man zügig durch alle Themen kommt, dann braucht es keine Visualisierungen. Die Realität schaut meistens anders aus. Themen sind vielschichtig und es gibt meist viele Meinungen im Raum. In kurz: die freie Debatte wird zur zähen Diskussion. Wenn das passiert, dann hilft es die verschiedenen Standpunkte für alle gut sichtbar zu visualisieren. Das gibt allen Teilnehmern Orientierung und es verhindert, dass sich Gespräche im Kreis drehen. Mit dem kurzem Verweis „Das hatten wir doch schon diskutiert, hier hatten wir es aufgeschrieben“ kann man Themen, die zum zweiten Mal hochkommen, gut einfangen.
Es ist ein bekanntes Muster: Wenn im Meeting besprochene Maßnahmen nicht deutlich aufgeschrieben wurden, ist die Chance niedrig, dass alle Arbeitspakete so ausgeführt wurden wie vereinbart.
Unser Tipp: Nutze die 3-Felder Technik Eine der bewährtesten Visualisierungsmethoden, die jede*r Meetingleiter*in parat haben sollte
Auf einem großen Blatt oder einer Tabelle, die alle gut sehen können, macht man drei Spalten. Die erste Spalte fungiert als Agenda. Hier sammelt man Themen, ohne in die Diskussion einzusteigen. Ist die erste Spalte ausgefüllt, geht man Thema für Thema durch. In der zweiten Spalte notiert man eine genaue Problembeschreibung und in der dritten Spalte notiert man die Maßnahmen.
Die Struktur dieser 3 Spalten ist einfach und für alle schnell verständlich. Sie orientiert sich an einem normalen Gesprächsfluss, gibt Orientierung und hilft, Themen strukturiert durchzuarbeiten. Zu guter Letzt sind die Maßnahmen übersichtlich gelistet und jeder weiß, was im Nachgang zu tun ist.
Diese Frage ist hilfreich, wenn eine Diskussion unübersichtlich wird und zu viele Themen auf einmal im Raum stehen. Die Frage hilft noch einmal festzustellen, wer eigentlich gerade ein Anliegen hat und fokussiert alle Teilnehmer darauf, Lösungen für dieses eine Anliegen zu finden.
Oft merkt man dann, dass eigentlich mehrere Probleme parallel besprochen werden. Am besten ist es dann, man schreibt die Probleme auf eine kleine Liste und geht sie dann nacheinander durch.
Sind sich im Meeting immer alle einig und einer Meinung, dann braucht man das Meeting nicht. Der meiste Wert, der in guten Meetings entsteht, kommt aus Situationen, in denen Personen Meinungsverschiedenheiten hatten und diese durch kreative Lösungen oder ausgewogene Kompromisse auflösen konnten. Deswegen ist es wichtig im Meeting auch eine Diskussionskultur zu haben, in der unterschiedliche Meinungen willkommen sind und ernst genommen werden.
Diese Regel wir oft in einem Atemzug mit Regel 8 genannt. Für viele Meetingteilnehmer ist es schwierig, die Grenze zwischen „ich bin inhaltlich anderer Meinung“ und „deine Meinung ist blöd“ zu ziehen. Selbst erfahrenen Führungskräften passiert es häufig, dass sie sich hier im Ton vergreifen, weil sie bei bestimmten Themen Leidenschaft entwickeln und sich für eine bestimmt Lösung mit ganzem Herzen einsetzen. Dann wird man blind für die Argumente anderer und will sie am liebsten garnicht hören. In solchen Situationen ist es umso wichtiger zu betonen, dass man sich inhaltlich uneins sein kann, den Vorschlag des anderen sehr kritisch sieht, deswegen aber nicht den anderen als Person kritisiert.
Meetingzeit ist sehr wertvoll, weil jeder gesprochene Minute gleich mehrere andere Leute auch ein Minute kostet. Dann kommt der Handy Effekt: „Ich habe nicht zugehört, was hast du mich eben gefragt?“ Wenn in der Besprechung jemand nicht zuhört, und man etwas nochmal erklären muss, obwohl alle anderen es schon verstanden haben, dann kostet das viel Nerven. Ausserdem ist es respektlos auf dem Handy etwas anderes zu machen, wenn gerade jemand etwas erzählt. Und wenn es klingelt, wird es peinlich. Deswegen ist die letzte Meeting-Regel für bessere Meetings: „Handy Nein Nein“
Alle Meetings haben Regeln: manche sind klar definiert und aufgeschrieben, andere unausgesprochen und flexibel. Teams, die aus der gemeinsamen Meetingszeit das beste machen wollen, kommen um das Thema Meeting-Regeln nicht umhin. Wenn man als Team gelernt hat, welche Verhaltensweisen gut funktionieren, dann macht es einfach Sinn, diese als Regeln aufzuschreiben. So kann man die Meetingkultur in seinem Team bewusst gestalten.
Man sollte nicht wahllos eine Menge Meeting-Regeln zum nächsten Meeting mitbringen und erwarten, dass ab jetzt alles flüssig läuft. Es gibt ein paar Dinge, die man beachten muss:
Wir erleben in vielen Unternehmen, dass es klar definierte Meeting- oder Besprechungsregeln gibt, diese aber überhaupt nicht gelebt werden. Dies passiert oft, wenn sie „von oben herab“ vorgegeben sind. Es ist klar, dass für alle festgelegte Regeln nicht für alle Teams gleich funktioniere können. Viel besser ist es, wenn die Regeln gemeinsam entwickelt werden. Im Idealfall sind Meeting-Regeln also nicht etwas aufgezwungenes, sondern etwas, das man sich gemeinsam erarbeitet hat und regelmässig weiterentwickelt. Nimm diese Regeln hier als Startpunkt, aber vergiss nicht, sie mit deinem Team oder deinen Kollegen zu hinterfragen und zu schauen, was für euch gut funktioniert und was nicht.